Für die Leugnung international anerkannter wissenschaftlichen Erkenntnisse aus rein opportunistischen politischen Gründen bedarf es eines eigenen Absatzes.
Eigentlich sollte die Verbreitung derart flagranter Disinformation als absolut disqualifizierend in einer modernen, faktenbasierten Gesellschaft gelten. Wer wirklich glaubt, dass Klimawissenschaftler und -forscher einem weltweiten Kabal angehören, und sich für das Verbreiten von Klimapanik von irgendwelchen nebulösen Schattenorganisationen königlich bezahlen lassen, hat entweder Tinte gesoffen oder sollte sich unbedingt seinen Internetanschluss chirurgisch entfernen lassen. Die versuchte Delegitimisierung ausgerechnet der Methode, die das Hervorbringen der Wahrheit auf Basis von Logik, Zahlen und Daten zum Ziel hat, sagt recht viel über den Urheber dieses versuchten Rufmords aus, denn sie is offensichtlich der natürliche Feind des Faktenverdrehers.
Die intellektuelle Brandbreite eines Grundschülers reicht aus, um diese von der Tabakindustrie abgeguckte Masche zu durchschauen: Auch dort merkte man recht früh, dass man zwar einen dukatenscheißenden Goldesel reitet, aber dass dieser leider die nicht wegzudiskutierende und wissenschaftlich belegte Tendenz hat, die eigene Kundschaft umzubringen. Und wenn man mehr Geld als Verstand oder Moral hat, dann tut man halt genau das, was Tabak- und Ölkonzerne seit den siebziger Jahren tun: Die Wissenschaftler und ihre Ergebnisse anzugreifen, zu untergraben und zu verteufeln, um damit von der eigenen bankrotten Habgier abzulenken.
Dass es nicht Akademiker, Forschungsassistenten oder andere Gelehrte sind, die in modernen Schlössern leben, im Privatjet zum Shopping um den halbe Erdball fliegen und sich Yachten im Wert von Flugzeugträgern leisten wird dabei beflissen ignoriert, passt ja nicht ins Narrativ.
Außerdem machen die Wissenschaftsleugner neben den persönlichen Attacken auf Experten den fatalen Fehler, eine universelle Methodik anzugreifen, dessen zentraler Grundsatz es ist, sich ständig gegen konträre Ansichten zu behaupten. Und der Knaller dabei ist, dass sie sich bei entsprechender Beweislage selbst korrigiert, auch wenn es bestehende Lehre auf den Kopf stellt.
Daran scheitern Klimaleugner konsistent erbärmlich, denn sie haben keine Zahlen, Daten oder Fakten, die es auch nur ansatzweise schaffen, den Konsens der Klimawissenschaftler in Frage zu stellen. Alles, was sie haben, sind ihre Verschwörungstheorien, die am Ende nicht anderes sind als einen emotionaler Appell an die Ängste der Menschen vor dem Unbekannten.
Aber das ist leider unheimlich effektiv, denn auch hier hat der Mensch wie in so vielen Dingen die psychologische Neigung, das unbequeme verdrängen zu wollen, vor allem wenn es noch weit in der Zukunft zu liegen scheint. Es ist absolut verständlich, dass es schwer zu verarbeiten ist, jeden Tag über den drohenden Weltuntergang in den Medien zu hören. Geld kosten Initiativen zum Klimaschutz auch noch, und wenn man sich weißmachern lässt, dass Inflation und hohe Lebenshaltungskosten ausschließlich ‚grüner‘ Politik zu verdanken sind, dann wird die Ablehnung gegen alles, was mit Klimawandel zu tun hat, immer stärker ausgeprägt.
Zu schlechterletzt fühlen sich viele auch noch direkt als Schuldige angesprochen, was eine auch wieder menschliche Trotzreaktion hervorruft, aufgrund der man erstmal alles verneint oder die Schuld auf andere Länder schiebt, die ja selbst erstmal was tun müssten, bevor Deutschland ‚einmal wieder‘ die Welt retten muss.
All dieses sorgt dafür, dass man sich bei der Diskussion um eines der wichtigsten Themen überhaupt, dem Überleben der Menschheit, oft in intellektuell fragwürdige und moralisch bankrotte Nebendiskussionen verfährt.
Plötzlich sind Windräder, die nach massiver Investition mittlerweile flächendeckend erschwinglichen Ökostrom produzieren, Symbole für ‚Wokeness‘, die niedergerissen werden müssen, als würde das außer einem kurzen Dopaminschub bei der sich in irrationale Rage geredeten AFD Online-Anhängerschaft irgendwelche positiven Konsequenzen mit sich bringen. Aber so ist der Rechtspopulismus: Erstmal zerstören, was einem nicht passt, und dann den selbst angerichteten Scherbenhaufen, in dem nichts mehr funktioniert, als Grundlage für die nächste Zerstörungswelle zu nehmen, bis vom Staatsapparat nichts mehr übrig bleibt. Man muss nur mal kurz in die USA schauen um zu sehen, wie gut sowas funktioniert.
Würde man mal einen Schritt zurück machen und versuchen, die Gesamtsituation mit etwas Abstand zu betrachten, dann würden einige Dinge relativ schnell klar werden:
Keiner von uns kann persönlich für den Klimawandel verantwortlich gemacht werden. Wir alle leben in einem fast unendlich komplexen System, in dem Einzelpersonen nur sehr bedingt Einfluss auf die Gesamtrichtung haben. Seit der industriellen Revolution im Neunzehnten Jahrhundert sind wir z.B. alle auf Verbrennungstechnologie angewiesen, auf der unsere gesamte moderne Zivilisation aufgebaut ist und die komplett vom Profitmotiv des Kapitalismus getrieben wird. Da kann man ökologisch eingestellt sein wie man will, man kommt um die Teilnahme am bzw. Nutzung des Systems einfach nicht herum, wenn man nicht als Einsiedler im Lendenschurz irgendwo im Wald leben möchte.
Die Verantwortung, an der Stelle Alternativen zu schaffen und strategische Lösungen zu entwickeln, liegt erstmal bei den mächtigen der Gesellschaft, also der Politik und der Industrie. Aus genau dieser Verantwortung windet sich die AFD feige heraus, in dem sie falsche Feindbilder schafft und versucht, das Problem als solches mit billigen Tricks wegzudiskutieren.
Wie man einer Partei trauen kann, die aus niederen Beweggründen die Wissenschaft mit Füßen tritt, ist rationell nicht nachvollziehbar. Dieselben Methoden, die den Klimawandel schlüssig erklären und vorhersagen, wurden genutzt, um jedes noch so kleine Stück Technologie in unserem Leben zu entwickeln und kontinuierlich zu verbessern. Kein Mobiltelefon hat sich spontan selbst zusammengebaut, ohne Thermodynamik würde kein Benziner fahren und keine Turbine Strom produzieren. Jeder schaut auf den Wetterbericht, den es ohne Satellitendaten und Klimamodelle nicht geben würde. Fragt man AFG Anhänger, wo genau die Grenze zischen ihrer Meinung nach ‚guter‘ und ‚schlechter‘ Wissenschaft liegt, bekommt man keine Antwort, denn es gibt keine.
Der irrationale Kleinkrieg gegen die Klimaforschung und die Wissenschaft allgemein ist daher rein ideologisch und völlig kontraproduktiv, denn einfach nur den Kopf in den Sand stecken hilft überhaupt nicht, wenn um einen herum die Wettersysteme zusammenbrechen.
Es wieder einmal nichts als eine Masche, um unsichere und besorgte Menschen mit Bullshit an die politische Angel zu bekommen.